Zweites Versäumnisurteil - Meinungsstreit

Fall Zweites VU

A hat B verklagt. B erscheint nicht zur mündlichen Verhandlung. Und deshalb ergeht gegen ihn ein Versäumnisurteil. Dagegen legt er Einspruch ein, das Gericht setzt einen neuen Termin ein und B kommt wieder nicht. Kann das Gericht ein zweites Versäumnisurteil erlassen?

Rechtsmittel bei zweitem Versäumnisurteil

Die Frage ist so relevant, weil man sich gegen ein zweites Versäumnisurteil kaum wehren kann. Normalerweise kann man sich gegen ein Versäumnisurteil mit einem Einspruch wehren. § 345 ZPO sagt aber, dass der Einspruch bei einem zweiten Versäumnisurteil nicht statthaft ist. Einzige Möglichkeit ist die Berufung. Nach § 514 ZPO kann diese aber nur darauf gestützt werden, geltend zu machen, dass die Säumnis nicht schuldhaft war. Dies wird in der Regel kaum gelingen. 

Prüfungsschema Zweites Versäumnisurteil

Welche Voraussetzungen Du bzw. das Gericht für den Erlass des zweiten Versäumnisurteils prüfst, ist umstritten. Unstreitig prüfst Du die Zulässigkeit des Einspruchs gegen das erste VU (§§ 338 ff. ZPO), den Antrag des Klägers (§ 331 I 1), die Säumnis des Beklagten (§§ 331, 333 ZPO) und den Ausschluss (§§ 335, 337 ZPO). Ob darüber hinaus auch die Zulässigkeit und Schlüssigkeit der Klage zu prüfen ist, ist umstritten.

Meinungsstreit: Schlüssigkeit der Klage

Pro-Argument: Rechtsstaatsprinzip

Nach Art. 20 III GG sind die Gerichte an Recht und Gesetz gebunden. Dem würde es widersprechen, wenn ein zweites Versäumnis-urteil ohne Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit ergehen würde.

Contra-Argument: Sinn und Zweck § 345 ZPO

Die strenge Sanktionswirkung von § 345 ZPO ist bewusst gewählt. Die (wiederholte) Säumnis einer Partei soll hart bestraft werden, um einen Anreiz zu schaffen, nicht säumig zu sein.

Contra-Argument: Umkehrschluss § 700 Abs. 6 ZPO

Da die Prüfung der Gesetzmäßigkeit nach § 700 VI ZPO ausnahmsweise vorgesehen ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sie normalerweise nicht geprüft werden muss.