§ 7 StVG - Prüfungsschema

Jun 16, 2023
 

Schema § 7 StVG

Wenn es in einem Fall um einen Unfall mit einem Auto geht, musst Du zuerst an zwei Anspruchsgrundlagen denken: § 7 I StVG (Haftung des Fahrzeughalters) und § 18 I StVG (Haftung des Fahrzeugführers). Der Unterschied zwischen § 7 StVG und § 18 StVG ist, dass der Halter nach § 7 StVG verschuldensunabhängig haftet, während § 18 StVG eine Haftung für vermutetes Verschulden ist. § 7 StVG regelt den Anspruch gegen den Halter eines Fahrzeugs. Das Prüfungsschema zu § 7 StVG sieht so aus:

I. Rechtsgutsverletzung

II. Halter eines KfZ

1. Kraftfahrzeug (Legaldefinition § 1 II StVG)

2. Halter = wer das KfZ auf eigene Rechnung in Gebrauch hat und die tatsächliche Verfügungs-gewalt darüber besitzt.

III. Bei Betrieb

1. In Betrieb

2. Betriebsspezifische Gefahr

IV. Kein Ausschluss

1. Höhere Gewalt (§ 7 II StVG)

2. Schwarzfahrer (§ 7 III StVG)

3. Sonstige Fälle (§ 8 StVG)

V. Rechtsfolge Schadensersatz

1. Personenschaden: §§ 10 ff. StVG

2. Sachschaden: §§ 249 ff. BGB 

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Voraussetzungen von § 7 StVG

Wie Du am Schema siehst, hat der Anspruch aus § 7 I StVG vier Voraussetzungen: Erstens muss eine Rechtsgutsverletzung vorliegen, zweitens muss der Anspruchsgegner Halter eines KfZ sein, drittens muss es "bei Betrieb" des Kraftfahrzeuges zur Rechtsgutsverletzung gekommen sein und viertens darf der Anspruch nicht ausgeschlossen sein. 

Rechtsgutsverletzung

Eine Rechtsgutsverletzung nach § 7 I StVG liegt vor, wenn ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird.

Definition Halter eines KfZ

Der Begriff Kraftfahrzeug ist in § 1 Abs. 2 StVG legaldefiniert. Als Kraftfahrzeuge im Sinne des StVG gelten Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden, ohne an Bahngleise gebunden zu sein.

Halter eines Kraftfahrzeuges ist, wer das KfZ auf eigene Rechnung in Gebrauch hat und die tatsächliche Verfügungsgewalt darüber besitzt. Wer Eigentümer des Kraftfahrzeugs ist, spielt keine Rolle, wobei der Eigentümer oft auch der Halter ist.

Bei Betrieb

In Betrieb (Meinungsstreit)

Zunächst muss das Kraftfahrzeug in Betrieb gewesen sein. Was man dadrunter versteht, ist umstritten. Es werden zwei verschiedene Meinungen vertreten: Die maschinentechnische Auffassung und die verkehrstechnische Auffassung.

Maschinentechnische Auffassung

Nach dieser Ansicht ist ein KfZ nur dann in Betrieb, wenn die Motorkraft auf das Fahrzeug einwirkt.

Verkehrstechnische Auffassung

Nach der herrschenden Meinung ist ein KfZ in Betrieb, wenn es im öffentlichen Verkehrsraum bewegt wird oder in verkehrsbeeinflussender Weise ruht. Das Auto muss also nicht rumfahren, sondern kann auch stehen. Erfasst wird so auch die Situation, in der das Auto be- und entladen wird oder liegengeblieben ist oder abgeschleppt wird.

Realisierung der betriebsspezifischen Gefahr

Es muss einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Betrieb des Fahrzeuges und dem eingetretenen Schaden geben. Deshalb entfällt die Zurechnung, wenn sich im Schaden ein eigenständiger Gefahrenkreis realisiert.

Beispiel: Schweinepanik-Fall (BGHZ 115, 84). Autofahrer A baut neben einem Bauernhof einen Unfall. Auf dem Bauernhof werden Schweine in Massentierhaltung gehalten. Und diese Schweine geraten aufgrund des lauten Knalls vom Unfall in Panik und der halbe Stall stirbt. In diesem Fall hat sich nicht das typische Risiko niedergeschlagen, was vom Betrieb eines KfZ ausgeht, sondern es hat sich das Risiko niedergeschlagen, was man hat wenn man Tiere in Massentierhaltung hält. In diesem Schweinepanik fall fehlt also der Zurechnungszusammenhang.

Kein Ausschluss der Haftung 

Es gibt drei Gründe, weshalb das der Fall sein kann. Zuerst nach § 7 abs. 2 StVG, wenn der Unfall auf Höherer Gewalt beruht. Höhere Gewalt ist ein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder Handlungen Dritter herbeigeführtes Ereignis, welches nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist. Bsp.: Naturkatastrophen

Zweiter Ausschlussgrund: Das Schwarzfahren nach § 7 Abs. 3 StVG. Wir haben ja schon festgestellt, dass Halter und Fahrer des Autos unterschiedliche Personen sein können. Wenn der Fahrer ohne Wissen und Wollen des Halters unterwegs ist, dann greift § 7 Abs. 3 StVG. Und der sagt in so einem Fall haftet der Fahrer verschuldensunabhängig, nicht der Halter. 

Dritter Ausschlussgrund: § 8 StVG. Hier fallen vor allem Fälle drunter, in denen sich der Verletzte freiwillig darauf eingelassen hat, mit den Gefahren konfrontiert zu werden, die sich aus dem Betrieb eines KfZ ergeben. Das ist so ein bisschen wie freiverantwortliche Selbstgefährdung. Wenn der Geschädigte sich freiwillig in diese Gefahr begeben hat, dann hat er halt Pech gehabt.

§ 7 StVG Fall und Beispiel

A ist Eigentümer eines Autos, welches er auf eigene Rechnung nutzt, um zur Arbeit zu fahren. Eines Tages übersieht er beim Ausparken den Fußgänger B, der gerade mit seinem Hund Gassi geht. A parkt dermaßen dynamisch aus, dass er den Hund anfährt. Dem B entstehen dadurch Tierarztkosten in Höhe von 500€.

Hat B gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 500€ nach § 7 Abs. 1 StVG?

Die Rechtsgutsverletzung ist die Sachbeschädigung am Hund. A ist Halter eines KfZ. Zudem ist das Auto nach beiden Ansichten in Betrieb und es hat sich die betriebsspezifische Gefahr realisiert. Der Anspruch ist auch nicht ausgeschlossen. Die Rechtsfolge ist Schadensersatz nach den §§ 249 ff. BGB. Damit hat B gegen A einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 7 I StVG in Höhe von 500€.

Tipps für die Klausur

§ 7 I StVG ist eine Norm aus der Gefährdungshaftung. Das hat zwei Auswirkungen: Erstens beginnst Du Dein Gutachten immer mit § 7 I StVG (wenn relevant) und zweitens prüfst Du nicht das Verschulden des Halters. In Klausuren, in denen § 7 I StVG relevant wird, musst Du außerdem noch an § 18 I StVG, § 823 I BGB und § 823 II BGB i.V.m. StVO/StGB denken.

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