AGB - Inhaltskontrolle (§§ 307 ff. BGB)

Feb 21, 2024
 

Prüfungsschema AGB-Kontrolle

In welchen fünf Schritten prüft man die AGB-Kontrolle? Richtig: 

1. Anwendbarkeit

2. Vorliegen von AGB

3. Wirksame Einbeziehung

4. Inhaltskontrolle

5. Rechtsfolge

Schwerpunkt: Inhaltskontrolle

Bist du in deiner Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die AGB wirksam in den Vertrag miteinbezogen worden sind, muss jetzt untersucht werden, ob auch ihr Inhalt zulässig ist. Bei diesem Teil der AGB-Kontrolle heißt es: besonders sorgfältig arbeiten. Halte dich an den Sachverhalt und das Gesetz.

Besonderheit: § 307 Abs. 3 BGB

Eine Inhaltskontrolle nach den §§ 307-309 BGB findet nur dann statt, wenn du im Vorhinein festgestellt hast, dass deine AGB-Klausel im Sinne des § 307 Absatz 3 BGB vom Gesetz abweicht oder es ergänzt. Beispiel: dein Nachbar verkauft dir seine alte, rostige Heckenschere. Er hat AGB verwendet, in denen steht, dass alle seine verkauften Sachen 500 Euro kosten sollen. Dein Glück, dass du weißt, wie man eine AGB-Kontrolle durchführt! Aber: die Höhe des Kaufpreises bei einem Kaufvertrag ist nicht kontrollfähig, denn es gibt keine gesetzliche Regelung, von der hier abgewichen werden könnte.

Prüfungsreihenfolge Inhaltskontrolle

Nachdem du bejaht hast, dass die Klausel von einer gesetzlichen Vorschrift abweicht oder diese ergänzt, wendest du die §§ 307-309 BGB an. Aber ACHTUNG: geprüft wird hier von hinten nach vorne. Du beginnst mit:

- § 309: Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit – gehst dann über zu:

- § 308: Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit - und endest mit der Generalklausel des

- § 307 Absatz 1

Warum diese Prüfungsreihenfolge? In Jura gilt grundsätzlich: das Speziellere wird immer vor dem Allgemeineren geprüft. Bei der AGB-Kontrolle enthält § 309 BGB die speziellsten Regelungen. In § 308 BGB wird es etwas allgemeiner und § 307 ist sehr allgemein gehalten.

Prüfung von § 309 BGB

§ 309 BGB enthält insgesamt 15 Nummern. Diese regeln Fälle, in denen eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften ganz eindeutig zur Unwirksamkeit führt. Die Merkmale des § 309 sind klar und deutlich formuliert. Sie sind speziell. Liegen sie vor, findet keine weitere Einzelfallprüfung statt. Die AGB ist direkt wegen ihres unzulässigen Inhalts unwirksam. Daher spricht man hier von Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit.

Beispiele:

- Nr. 7b sagt: kein Ausschluss der Haftung für grobe Fahrlässigkeit

- Nr. 8a: kein Ausschluss des Rücktrittsrechts bei Verschulden des Verwenders (Ausnahme: im Gewährleistungsrecht)

- Nr. 12: keine Änderung der Beweislast zum Nachteil des Vertragspartners

Prüfung von § 308 BGB

§ 308 BGB ist genauso aufgebaut wie § 309. In einzelnen Nummern, werden Inhalte beschrieben, die in AGB unzulässig sind. Allerdings werden in § 308 mehr unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, sodass eine umfassende Abwägung am Einzelfall vorgenommen werden muss.

Beispiele sind Formulierungen wie: „unangemessen lange“ oder „unter Berücksichtigung der Interessen (…) zumutbar“

Nimm dir nach diesem Video kurz die Zeit und lies dir die §§ 308 und 309 einmal in Ruhe durch. Egal, mit welchem Thema du dich gerade in deinem Jurastudium beschäftigst: das Wichtigste ist zu Beginn immer: Gesetz 1x, 2x, 3x lesen und versuchen zu verstehen.

Prüfung von § 307 BGB 

Zuletzt prüfst du § 307 Absatz 1: dort steht: wenn der Klauselinhalt eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellt, ist die AGB unwirksam. Aber wann genau liegt eine unangemessene Benachteiligung vor? Du hast es hier mit einem sehr allgemeinen Rechtsbegriff, der daher eine umfassende Abwägung am Einzelfall unerlässlich macht.

Es gibt aber auch hier noch weitere Anhaltspunkte im Gesetz, die dir helfen. Überleg dir zuerst, ob § 307 Absatz 2 einschlägig sein könnte. Schauen wir einmal rein: eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn:

Nr. 1: die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht vereinbar ist ODER

Nr. 2: wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist  kürzer gesagt: vertragstypische Kardinalpflichten werden stark eingeschränkt

Gut, das sagt uns jetzt immer noch nicht viel mehr … nochmals umformuliert könnte man auch sagen: Hauptleistungspflichten werden wegen des Inhalts der AGB praktisch kaum erfüllt

Beispiel: Wird in einer AGB des Kaufvertrages festgelegt, dass keine fristgerechte Lieferung der Kaufsache geschuldet ist, würde das die Hauptleistungspflicht beim Kaufvertrag praktisch aushebeln. Denn man kauft eine Sache ja, um sie anschließend auch zu besitzen. Der fristgerechte Erhalt dieser Kaufsache ist also ein essenzieller Bestandteil des Kaufvertrages. Eine vertragstypische Kardinalpflicht.

Achtung: Beachte bei § 307 Absatz 2, dass dieser bei Unternehmern wegen § 310 Absatz 1 BGB unanwendbar ist.

Das Transparenzgebot

Auch § 307 Absatz 1 Satz 2 nimmt eine Konkretisierung der „unangemessenen Benachteiligung“ vor. Eine unangemessene Benachteiligung kann auch vorliegen, wenn die AGB für den durchschnittlichen Vertragspartner nicht klar und verständlich ist. (In dieser Regelung schlägt sich das Transparenzgebot nieder.) Auch hier ist eine Abwägung im Einzelfall erforderlich.

Definition Generalklausel 

Zuletzt kommen wir zur Definition der Generalklausel selbst: Wann liegt eine Benachteiligung vor? Und wann ist diese unangemessen?

Eine Benachteiligung liegt vor, wenn die Interessen des Vertragspartners so weit zurückgedrängt werden, dass kein vollständiger Interessenausgleich mehr stattfindet. Unangemessen ist diese Benachteiligung, wenn der Verwender versucht, in nicht hinnehmbarer Weise auf Kosten des Vertragspartners eigene Interessen durchzusetzen und dessen Interessen nicht berücksichtigt. Auch hier musst du natürlich eine umfassende Argumentation am Einzelfall vornehmen.

AGB-Kontrolle in Deiner Klausur

Geschafft! Damit hats du deine Inhaltskontrolle auch bereits abgeschlossen. Wichtig ist aber noch: bei der gesamten AGB-Prüfung gilt: du sollst dich gedanklich an dem gelernten Schema entlanghangeln und auch alle erforderlichen Punkte ansprechen. Aber achte auf die Schwerpunktsetzung! Nicht in jedem Fall muss jeder Prüfungspunkt bis ins Detail erläutert werden. Wenn du einfach nur blind dein Wissen ablädst, läuft dir die Zeit davon und es gibt großen Punktabzug. Also: Sauber arbeiten, aber Schwerpunkte setzen und den konkreten Sachverhalt bearbeiten!

Zusammenfassung: Schema Inhaltskontrolle

Jetzt sind wir aber durch und können zusammenfassen: du hast in diesem Video gelernt: die Inhaltskontrolle einer AGB-Klausel wird von hinten nach vorne aufgebaut: du prüfst

  • 309 BGB: Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
  • 308 BGB: Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit und zuletzt
  • 307 BGB: unangemessene Benachteiligung

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