Gesetzlicher Eigentumserwerb (§§ 937 ff. BGB)

Mar 13, 2024
 

Du kannst auf drei Wegen Eigentümer werden: Durch Rechtsgeschäft, Gesetz oder Hoheitsakt. Wie der gesetzliche Eigentumserwerb funktioniert, haben wir Dir in diesem Beitrag erklärt. Die §§ 937 ff. BGB regeln fünf Fälle, in denen das Gesetz Dich automatisch zum Eigentümer macht: Ersitzung (§§ 937 ff. BGB), Verbindung, Vermischung und Verarbeitung (§§ 946 ff. BGB), Eigentumserwerb an Erzeugnissen und sonstigen Bestandteilen (§§ 953 ff. BGB), Aneignung (§§ 958 ff. BGB), Fund (§§ 965 ff. BGB).

1.) Ersitzung (§§ 937 ff. BGB)

Wer eine Sache 10 Jahre lang in Eigenbesitz (§ 872 BGB) hat, erwirbt das Eigentum an der Sache, wenn er bei Erwerb des Besitzes gutgläubig gewesen ist und auch nachträglich nicht erfahren hat, dass er nicht der Eigentümer der Sache ist. Bsp.: A und B einigen sich auf eine Eigentumsübertragung bezüglich einer Waschmaschine. A war dabei unerkannt geisteskrank. Deshalb scheitert der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb an einer wirksamen dinglichen Einigung. Wenn B aber die Sache 10 Jahre lang in Eigenbesitz hat und die ganze Zeit davon ausgeht, dass er Eigentümer ist, dann erwirbt er nach § 937 BGB Eigentum an der Waschmaschine. Der Eigentumserwerb durch Ersitzung ist kondiktionsfest. Das bedeutet: Er kann nicht über das Bereicherungsrecht rückgängig gemacht werden, weil der Erwerb durch Ersitzung den Rechtsgrund in sich trägt. Die Bereicherung erfolgt deshalb nicht ohne Rechtsgrund. Auch der Anspruch aus § 951 BGB ist nicht bei der Ersitzung anwendbar.

2.) Verbindung, Vermischung, Verarbeitung (§§ 946 ff. BGB)

a) Verbindung bewegliche Sache mit Grundstück (§ 946 BGB)

Wenn eine bewegliche Sache mit einem Grundstück verbunden wird und dadurch wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 BGB) wird, dann erwirbt der Eigentümer des Grundstücks automatisch Eigentum an der beweglichen Sache. Bsp.: Wenn man eine Tür in ein Haus einbaut, dann wird die Tür wesentlicher Bestandteil des Grundstückes und der Grundstückseigentümer wird automatisch Eigentümer der Tür.

b) Verbindung von beweglichen Sachen(§ 947 BGB)

Werden beide beweglichen Sachen durch die Verbindung wesentliche Bestandteile (§ 93 BGB) der neuen Sache, so werden die alten Eigentümer Miteigentümer der neuen Sache (§ 947 I BGB). Werden die beweglichen Sachen so miteinander verbunden, dass eine Sache nach der Verkehrsauffassung als Hauptsache anzusehen ist, wird der Eigentümer der Hauptsache Eigentümer der neuen Sache. Bsp.: Ein Bett wird mit Holzlack angemalt. Der Holzlack wird wesentlicher Bestandteil der neuen Sache, das Bett ist jedoch als Hauptsache anzusehen, so dass der Eigentümer des Bettes auch Eigentümer des angemalten Bettes wird.

c) Vermischung von beweglichen Sachen (§ 948 BGB) 

Wenn zwei bewegliche Sachen so kombiniert werden, dass die Trennung entweder gar nicht mehr möglich oder nur noch mit unverhälntismäßigen Kosten möglich ist, dann liegt eine Vermischung vor. Die beiden alten Eigentümer werden in der Regel Miteigentümer der neuen Sache. Bsp.: A vermischt seinen Wodka mit dem RedBull von B. A und B werden Miteigentümer des neu erschaffenen Shots.

d) Verarbeitung von beweglichen Sachen (§ 950 BGB)

Wird durch Verarbeitung von beweglichen Sachen eine neue bewegliche Sache erschaffen, richtet sich der Eigentumserwerb nach § 950 BGB. Der Hersteller der neuen Sache wird Eigentümer. Hersteller ist, wer nach der Verkehrsauffassung die Organisationshoheit über den Produktionsprozess innehat und das Verwendungsrisiko der hergestellten Sache trägt. Ob vertraglich festgelegt werden kann, wer Hersteller sein soll (Verarbeitungsklausel), ist umstritten. Das Problem haben wir Dir in einem eigenen Video erklärt. Damit § 950 BGB eingreift, darf der Verarbeitungswert nicht erheblich geringer sein als der Materialwert. Der Gesamtwert der neuen Sache muss mindestens 160% des Materialwertes ausmachen. Bsp.: Tischler A verarbeitet Holzbretter (Wert: 100€) zu einem Tisch (Wert: 170€). Der Verarbeitungswert (70€) ist nicht erheblich geringer als der Materialwert (100€). Hersteller A wird Eigentümer des Tisches gem. § 950 BGB. 

3.) Erzeugnisse und sonstige Bestandteile (§§ 953 ff. BGB)

Solange Erzeugnisse und Bestandteile wesentlicher Bestandteil (§ 93 BGB) der Hauptsache sind, kann man an ihnen kein Eigentum erwerben. Werden sie jedoch abgetrennt, erwirbt grundsätzlich der Eigentümer der Hauptsache (z.B. Kuh) gem. § 953 BGB Eigentum an den Erzeugnissen und sonstigen Bestandteilen (z.B. Milch). Ausnahmen gelten jedoch für den Nutzungsberechtigten (§ 954 BGB), den gutgläubigen Eigenbesitzer (§ 955 BGB) und den Aneignungsberechtigten (§ 956 BGB)

4.) Aneignung herrenloser Sachen (§§ 958 ff. BGB)

Sachen ohne Eigentümer kann sich jeder aneignen, der sie in Eigenbesitz nimmt (§ 958 BGB). Eine Sache wird herrenlos, wenn der alte Eigentümer sein Eigentum aufgibt (§ 959 BGB). Bsp.: A lässt eine Zeitschrift, die er fertig gelesen hat, absichtlich in der U-Bahn liegen. B nimmt die Zeitschrift an sich und wird Eigentümer.

5.) Fund verlorener Sachen (§§ 965 ff. BGB)

An besitzlosen aber nicht herrenlosen Sachen kann der Finder unter den Voraussetzungen von § 973 BGB Eigentum erwerben. Handelt es sich jedoch um einen Schatzfund (§ 984 BGB) wird das Eigentum halbiert: Eine Hälfte steht dem Entdecker zu, die andere Hälfte steht dem Eigentümer der Sache zu, in der der Schatz verborgen war (z.B. Eigentümer des Grundstücks).

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